II. Transfer_Rezeption
Kunst entfaltet erst im Kontext des Dialogs mit den Betrachter_innen ihre eigentliche Wirkmacht. Die Wahrnehmungen von Kunst und ihre spezifischen Bedeutungsproduktionen sind jedoch kontinuierlichen Veränderungen ausgesetzt. Dies betrifft etwa stereotype Fremdbilder und abwertende Darstellungen von nicht-europäischen Individuen wie den sogenannten „Orientalen“ und „Mohren“, die durch kritische Theorien wie die Postcolonial und Gender Studies problematisiert wurden und werden. Im Fokus dieser Sektion stehen die Fragen, wie sich Bildwahrnehmungen und -interpretationen im Verlauf der Jahrhunderte transformiert haben und welche Rolle hierbei den Kultursphären Religion und Politik mit ihren Wirkungsradien zukam. Von Interesse sind insbesondere die produktiven Austauschmomente und transkulturellen Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Religionen. Der Transfer von Formen und Inhalten erfolgte jedoch keineswegs immer dialogisch und im wechselseitigen Interesse, da bildliche Aneignungsprozesse zum großen Teil auch konfliktbehaftet und politisch aufgeladen waren. Von diesen komplexen Rezeptionsgeschichten zeugen letztendlich „hybride“ Architekturen und Kunstwerke, die eine Vielfalt von unterschiedlichen Referenzquellen aufweisen, die wiederum auf selektiven Adaptionsprozessen beruhen.
Der Begriff der Rezeption wird im Rahmen der Sektion in zweifacher Hinsicht aufgefasst: Er bezieht sich sowohl auf Wahrnehmungsformen von Betrachter_innen als auch auf multidimensionale Transferprozesse von Formen und Inhalten.
- Wirkungsradien von Kunst, künstlerische Transferprozesse
- Interpretation und Neuinterpretation: Rezeptionsgeschichten im Wandel der Zeit
- Künstlerischer Umgang mit dem „Fremden“
- Repräsentationspolitiken: Machterhaltende Bilderfindungen und ihre Dekonstruktionen
- Konfrontation und Deeskalation durch Bilder
Julia Allerstorfer ist Assistenzprofessorin am Institut für Geschichte und Theorie der Kunst an der Katholischen Privat-Universität Linz. Sie kuratierte Ausstellungen wie u.a. Iran: Preview of the Past (2010), The State of ‚in-between‘ in Contemporary Iranian Art (2012). Publikationen: Mit Hanjo Sauer, Migration in Theologie und Kunst, Frankfurt/M. 2017; mit Monika Leisch-Kiesl, „Global Art History“. Transkulturelle Verortungen von Kunst und Kunstwissenschaft (Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie, Bd. 8), Bielefeld 2017 (in Vorbereitung); Visuelle Identitäten. Selbstinszenierungen in der iranischen Videokunst“, Bielefeld 2017 (in Vorbereitung).
Anna Frasca-Rath ist Universitäts-Assistentin (PostDoc) am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien. 2015 wurde sie mit einer Dissertation zu „John Gibson. Die Canova-Rezeption in der British Community in Rom“ promoviert. 2016 kuratierte sie die Ausstellung John Gibson. A British sculptor in Rome an der Royal Academy of Arts in London. Ihre Forschungsschwerpunkte sind im Bereich der Künstlersozialgeschichte, sowie der Skulptur und Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts.